Ärgern Sie sich nicht auch manchmal über einen viel zu vollen Briefkasten oder ein E-Mail- Postfach, in welchem Sie mit Werbung förmlich überschwemmt werden, ohne dass Sie diese bestellt, also keinesfalls in die Zusendung ausdrücklich eingewilligt haben oder den Absender gar nicht kennen? Stellen Sie sich dabei auch die Frage, woher haben die meine Adresse und warum unternimmt gegen diese Belästigung niemand etwas. Schließlich ist es doch unökologisch, das ganze Hochglanzpier wieder ungelesen entsorgen zu müssen. Mit den E-Mails ist es zwar technisch einfacher, aber dafür zeitraubendend. Denn schließlich kommt man nicht umhin, eben doch mal kurz reinzuschauen, um dann wirklich sicher sein zu können, dass nichts Wichtiges enthalten ist. Im besten Fall entlarvt man den Inhalt in Sekunden als Werbung und muss nicht noch länger grübeln, wenn es schlechter läuft, fängt man sich mit dieser E-Mail oder den darin enthaltenen Anhängen auch noch einen Virus oder gar Schadsoftware ein.

Wie bekommt man die Hoheit über den eigenen Briefkasten oder das E-Mail-Postfach wieder zurück? Bei den unerwünschten E-Mail kann es manchmal ganz einfach sein, man meldet sich einfach ab und wird dann – wenn alles gut läuft – von der Liste der E-Mail-Adressen gelöscht.

Wenn das nicht funktioniert, sollte man sich zunächst mit der Frage beschäftigen, wie kommen die Firmen generell an meine Daten, also woher stammen sie. Weiter müsste man in Erfahrung bringen, ob die einmal erlangten Daten überhaupt in dieser Art und Weise verwendet werden dürfen und natürlich müsste geklärt werden, was können Sie dagegen tun, wenn Sie keine unerwünschte Werbung wollen.

Die meisten Antworten finden sich in Gesetzen zum Europäischen und nationalen Datenschutz. Um das System zu verstehen, muss man das Datenschutzrecht wenigstens in Grundzügen begreifen, um die Kontrolle über die eigenen personenbezogenen Daten zu behalten oder wieder zurückzubekommen. Wie funktioniert das alles?

Nicht erst seit dem Erlass der Europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) werden unsere personenbezogenen Daten, wozu auch die E-Mail-Adresse und die Postanschrift gehören, geschützt. Dies war auch im Bundesdatenschutzgesetz, welches vor dem Inkrafttreten der DSGVO galt, so. Anders ist vielleicht, dass der Europäische Gesetzgeber für erheblich mehr Transparenz für die einzelne Person in den Datenschutz bringen wollte und daher festlegte, dass alle relevanten Informationen in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache an den Betroffenen zu richten sind. Auch mit dem sogenannten Marktortprinzip, Art. 3 Abs. 2 DSGVO, ist gewährleistet, dass die Datenschutzgrundverordnung für alle Wirtschaftsunternehmen gilt, deren Angebote sich an einen nationalen Markt in der EU richtet.

Seit der Geltung der DSGVO, 25. Mai 2018 (Art. 99 DSGVO) ist daher jeder, der Daten nicht ausschließlich für persönliche oder familiäre Tätigkeiten (Art. 2 Abs. 2 c DSGVO) verarbeitet verpflichtet, die Person bei der er die personenbezogene Daten erhebt, gemäß Art. 13 DSGVO, aktiv über diese Datenerhebung zu unterrichten. Diese Informationspflicht ist äußerst umfassend und enthält unter anderem die Pflicht mitzuteilen,

  • Name und Kontaktdaten des Verantwortlichen (Art. 13 Abs. 1 a) DSGVO);
  • ggf. die Kontaktdaten des Datenschutzbeauftragten (Art. 13 Abs. 1 b) DSGVO);
  • die Zwecke, für die die personenbezogenen Daten verarbeitet werden sollen, sowie die Rechtsgrundlage der Verarbeitung (Art. 13 Abs. 1 c) DSGVO);
  • wenn die Verarbeitung auf Art. 6 Absatz 1f DSGVO beruht, die berechtigten Interessen die von dem Verantwortlichen oder einem Dritten verfolgt werden (Art. 13 Abs. 1 d) DSGVO);
  • ggf. Empfänger von personenbezogenen Daten (Art. 13 Abs. 1 e) DSGVO);
  • die Dauer, für die die personenbezogenen Daten gespeichert werden oder falls dies      nicht möglich ist die Kriterien für die Festlegung der Löschung (Art. 13 Abs. 2 a) DSGVO).

Ganz besonders wichtig ist dabei, dass Sie umfassend über Ihre Rechte gegenüber dem Verantwortlichen, welcher bei Ihnen personenbezogenen Daten erhoben hat, aufgeklärt werden. Dies betrifft das Recht

  • auf Auskunft,
  • auf Berichtigung,
  • auf Löschung,
  • auf Einschränkung der Verarbeitung,
  • auf Datenübertragbarkeit sowie

Ihr Widerspruchrecht gegen die Verarbeitung (Art. 13 Abs. 2 b) DSGVO).

Wenn Sie in eine Verarbeitung Ihrer Daten eingewilligt haben, ist es notwendig dass Sie auch erfahren, dass Sie diese Einwilligung jederzeit widerrufen können (Art. 13 Abs. 2 c) DSGVO).

Ferner ist entscheidend, dass Sie darüber informiert werden, ob die Bereitstellung der personenbezogenen Daten gesetzlich oder vertraglich vorgeschrieben oder für einen Vertragsschluss erforderlich sind, und ob Sie als betroffene Person verpflichtet sind, diese personenbezogenen Daten überhaupt preis zu geben und welche mögliche Folge die Nichtbereitstellung für Sie hätte (Art. 13 Abs. 2 e) DSGVO).

Ganz ähnliche Informationspflichten treffen auch denjenigen Verantwortlichen, der Daten nicht direkt bei Ihnen persönlich sondern in anderer Weise etwa bei einem Dritten erhebt, (Art. 14 Abs. 1 DSGVO), oder wenn der Verantwortliche die erhobenen Daten zu einem anderen Zweck als dem ursprünglichen Erhebungszweck weiterverarbeiten will (Art. 14 Abs. 4 DSGVO).

Kommen wir zurück zu Ihrem E-Mail-Postfach und Ihrem Briefkasten. Nach dem oben Gesagtem steht fest, dass wenn alle Verantwortlichen sich an die Informationspflichten aus Art. 13 und 14 DSGVO halten würden, wenn sie Ihre Daten verarbeiten zu gewerblichen Zwecken verarbeiten, wüssten Sie schon einmal, woher Ihre Daten stammen. Denn dann könnten Sie es folgerichtig direkt auf dem Werbeprospekt oder in der E-Mail nachlesen. Denn darin müsste nun stehen, zu welchem Zweck und auf welcher Rechtsgrundlage Ihre Daten verarbeitet werden und an wen Sie sich wenden können, wenn Sie das nicht mehr wollen.

Die Pflicht zur Information beantwortet aber noch nicht die Frage, auf welcher Rechtsgrundlage die E-Mail- oder Briefkastenwerbung überhaupt zulässig ist.

Wenn Sie nicht mal irgendwann (vielleicht unabsichtlich) in die Werbung eingewilligt haben, dazu nochmal später, kommt für E-Mail Werbung nach der Datenschutzgrundverordnung regelmäßig die Rechtsgrundlage des Art. 6 Abs. 1 f DSGVO (Wahrung berechtigter Interessen) in Betracht, soweit bei einer Interessenabwägung das Interesse des Unternehmers überwiegt.

Deshalb wurde im sog. Erwägungsgrund 47 der Datenschutzgrundverordnung festgehalten, dass die Verarbeitung von personenbezogenen Daten zum Zwecke der Direktwerbung als eine einem berechtigten Interesse dienende Verarbeitung betrachtet werden kann. Darüber hinaus könnte auch ein berechtigtes Interesse vorliegen -so der Erwägungsgrund-, wenn eine „maßgebliche und angemessene Beziehung zwischen der betroffen Person und dem Verantwortlichen besteht„, z.B. wenn die betroffene Person ein Kunde des Verantwortlichen ist oder in seinen Diensten steht.

Das bedeutet, wenn Sie (Bestands)-Kunde dieses werbenden Unternehmens sind, die Rechtsgrundlage zur „Wahrung berechtigter Interessen“ aller Wahrscheinlichkeit ausreichen dürfte, weil dann der Eingriff in Ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung durch den Versand dieser E-Mail als nicht besonders hoch eingeschätzt wird. Weil der Unternehmer Sie schon kennt, wird im Rahmen der Interessenabwägung ein überwiegendes Interesse des Unternehmens angenommen. Die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung besteht aber nur so lange, solange Sie dies wünschen. Das bedeutet, Sie können dieser Verarbeitung selbstverständlich widersprechen, indem Sie aktiv werden.

Unstrittig ist die Rechtslage, wenn Sie aktiv in den Versand von Newslettern oder Werbung eingewilligt haben, wie es vielfach auf Websites „fast“ nebenbei passiert. Dann werden Ihre Daten auf der Grundlage Ihrer Einwilligung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 a DSGVO verarbeitet, was grundsätzlich nicht zu beanstanden ist. Sollten Sie dies aber nicht gewollt haben, können Sie diese Einwilligung jederzeit widerrufen.

Anders sieht es natürlich aus, wenn Sie das Unternehmen gar nicht kennen und auch keine Einwilligung erteilt haben. Dann wird es schwierig. Wie oben schon erwähnt, könnte der Auffangtatbestand zur „Wahrung berechtigter Interessen“ aus Art. 6 Abs. 1 f DSGVO herhalten, wenn es da nicht Art. 95 DSGVO und den Erwägungsgrund 175 mit dem Hinweis auf die immer noch geltende ePrivacy-Richtlinie gäbe.

Denn auch schon vor Inkrafttreten der DSGVO gab es eine Datenschutzrichtlinie für die elektronische Kommunikation namens ePrivacy-Richtlinie (Art. 13 RL 2002/58/EG). Sie stammt aus dem Jahre 2002 und verpflichtete die nationalen Gesetzgeber dazu, ein Gesetz zu schaffen, bei der die rechtmäßige E-Mail-Werbung vom Erfordernis einer vorherigen Einwilligung abhing. Dieser Verpflichtung ist der deutsche Gesetzgeber seinerzeit nachgekommen, indem er den § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG schuf. Nach dem Gesetz über den unlauteren Wettbewerb (UWG) war E-Mail-Werbung nur mit einer ausdrücklichen Einwilligung des Empfängers statthaft ist. Man könnte meinen, dass diese klare nationale Regelung durch die DSGVO etwas aufgeweicht wirkt. Aber dieser Widersprüchlichkeit wird durch die bereits auf dem Tisch des Europäischen Gesetzgebers liegende ePrivacy-Verordnung aller Voraussicht nach endgültig aufgelöst werden, welche von Datenschützer und Datenschutzbeauftragten sehnlichst erwartet wird. Auch auf nationaler Ebene tut sich etwas. In diesen Tagen wurde der neue Gesetzesentwurf zum Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz- TTDSG vorgestellt, welcher bei E-Mail-Werbung weiterhin eine Einwilligung vorsieht. Das heißt, im Bereich der E-Mail haben Sie es relativ leicht in der Hand, sich nicht von ungewollter Werbung belästigen zu lassen, indem Sie gar nicht erst Ihre Einwilligung geben oder untergewollter Werbung sofort widersprechen.

Wie sieht es nun aber bei der Briefkasten-Werbung aus. Fest steht nach dem oben Gesagtem, dass Sie auch im Falle der Papierwerbung von dem Verantwortlichen vollumfänglich über die Datenverarbeitung nach Art. 13 und/oder Art. 14 DSGVO zu informieren sind. Weil aber bei der Briefkastenwerbung die Intensität des Eingriffs in Ihre Persönlichkeitsrechte zumeist als gering eingestuft wird, fällt die Abwägung Ihrer und der Interessen des Unternehmers häufig zugunsten des Unternehmers aus, so dass eine Verarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 f DSGVO, zur Wahrung berechtigter Interessen zumeist zulässig. Eine Pflicht zur Einholung einer Einwilligung, wie bei der elektronischen Kommunikation, gibt es nicht. Deshalb bleibt Ihnen nur die Möglichkeit, bei ungefragter Zusendung von Werbung, dieser aktiv gegenüber dem Werbenden zu widersprechen.

Ungeachtet der Rechtsgrundlage, auf welcher Ihre personenbezogenen Daten verarbeitet wurden, müssen die Adressdaten zuvor zunächst ordnungsgemäß – zum Zwecke der Werbung – erhoben worden sein.

Wenn ein Unternehmer nicht über Eigenadressen verfügen, die sie ja – wie oben schon dargestellt – jedenfalls gegenüber Ihren Kunden normaler Weise verwenden dürfen, dann müssen diese Firmen sich Adressen beschaffen. Dafür gibt legal zwei Wege, um an werberelevante Daten zu gelangen. Der Unternehmer besorgt sich diese bei seinem Kunden selbst oder man erhält sie von einem Dritten. Die erste Möglichkeit besteht vor allem darin, mit Hilfe von Preisausschreiben, Gewinnspielen, Verlosungen, Informationsveranstaltungen, Newslettern und dergleichen unmittelbar an die Daten von Ihnen zu gelangen oder diese Daten mit Hilfe von Kundenbindungsprogrammen und Rabattsystemen (hier vor allem die Kundenkarten) zu erwerben. Das bedeutet, wenn Sie an solchen Aktivitäten teilnehmen, geben Sie zumeist nicht nur Ihre Daten preis, sondern auch Ihre Einwilligung, Art. 6 Abs. 1 a DSGVO,  dass diese zum Zwecke der Werbung verwendet werden dürfen.

Im Rahmen der zweiten Möglichkeit versucht der sog. Adresshandel, Daten aus allgemein zugänglichen Quellen zu entnehmen und dann an die werbewilligen Unternehmen zu verkaufen. Dazu gehören vor allem Telefonbücher, Adressbücher, Branchenverzeichnisse, Zeitungen, Messekataloge, Teilnehmerverzeichnisse, öffentliche Register (Handelsregister, Genossenschaftsregister, Vereinsregister) und auch Ankündigungen von Behörden wie Standesämtern und Gerichten.

Die DSGVO enthält keine ausdrücklichen Regelungen zum sog. Adresshandel, was zu einer Verunsicherung in diesem Bereich geführt hat. Nach überwiegender Ansicht wird man den An- und Verkauf von Adressdaten ebenfalls auf die Interessenabwägung gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO stützen, vor allem dann, wenn es sich um öffentlich zugängliche Adressen aus Adressverzeichnissen wie bspw. Telefonbüchern handelte. Nicht alle Landesdatenschützer in Deutschland teilen diese Meinung, sondern sind berechtigter Weise der Auffassung, dass der Adresshandel nur noch nach erfolgter informierter Einwilligung der betroffenen Personen zulässig sein sollte, eben weil die betroffenen Personen beim Adresshandel der innewohnenden Gefahr ausgesetzt sind, dass ihre Daten für eine ausschweifende Vermarktung durch Weitergabe eingesetzt werden.

Daher empfehlen wir Ihnen dringend, achten Sie darauf, dass Sie bei jeder Datenerhebung umfassend im Sinne des Art. 13 DSGVO darüber informiert werden, welche Daten und zu welchem Zweck diese erhoben werden. Widersprechen Sie der Datenverarbeitung, (Art. 13 Abs. 2 b) DSGVO, wenn Ihnen dies zu weit geht also nicht notwendig erscheint und widerrufen Sie Ihre Einwilligungen, wenn mal wieder der Briefkasten oder das E-Mail-Postfach überquillt.