Eine wichtige Entscheidung aus Luxemburg: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 13.11.2025 (C-654/23) eine Entscheidung getroffen, die für viele Marketing-Verantwortliche und Geschäftsführer in mittelständischen Unternehmen (KMU) wie ein Befreiungsschlag wirken dürfte.
Lange Zeit herrschte Unsicherheit: Gilt eine kostenlose Registrierung auf einer Website bereits als „Kundenbeziehung“ im Sinne des Wettbewerbsrechts? Die Antwort ist nun deutlich klarer. Das Gericht hat entschieden, dass die Erhebung einer E-Mail-Adresse auch bei kostenlosen Diensten als Datenerhebung „im Zusammenhang mit dem Verkauf“ gewertet werden kann.
Das Kern-Ergebnis für Sie
Wenn Nutzer sich kostenlos bei Ihnen registrieren (z.B. für einen Gratis-Account auf einer Nachrichtenplattform), dürfen Sie diesen Nutzern unter bestimmten Voraussetzungen Newsletter ohne ausdrückliche Einwilligung (Opt-in) senden. Die Grundlage hierfür ist die sogenannte „Bestandskunden-Ausnahme“ (Soft-Opt-in).
Die 4 Bedingungen für den rechtssicheren Versand
Basierend auf Art. 13 Abs. 2 der Richtlinie 2002/58/EG (in Deutschland umgesetzt in § 7 Abs. 3 UWG) müssen folgende vier Kriterien kumulativ erfüllt sein, damit Sie auf das explizite Opt-in verzichten können:
1. Verkaufszusammenhang
Die E-Mail-Adresse wurde im Rahmen einer Registrierung für eine Dienstleistung erhoben. Neu: Dies gilt auch für kostenlose Angebote, wenn dabei Daten als Gegenleistung fließen.
2. Eigene, ähnliche Produkte
Die Werbung darf sich nur auf eigene Waren oder Dienstleistungen beziehen, die denen ähneln, für die sich der Kunde ursprünglich registriert hat (z.B. Upgrade auf Premium).
3. Widerspruchsmöglichkeit
Der Kunde muss bei der Erhebung UND bei jeder einzelnen Nachricht klar und deutlich auf sein Widerspruchsrecht hingewiesen werden (Opt-out Link).
4. Kein Widerspruch
Der Kunde darf der Verwendung seiner Daten nicht bereits im Vorfeld widersprochen haben. Schweigen gilt hierbei nicht als Widerspruch.
Wichtig für Ihre Compliance: Das Gericht stellte zudem klar, dass in diesen speziellen Fällen die DSGVO (Art. 6) nicht zusätzlich geprüft werden muss, da die ePrivacy-Richtlinie (2002/58/EG) hier als Spezialgesetz Vorrang hat.
Häufige Fragen zur Neuregelung (FAQ)
Grundsätzlich bezieht sich das Urteil auf den Verbraucherschutz und die ePrivacy-Richtlinie. Im B2B-Bereich gelten oft ähnliche Regeln (§ 7 UWG), jedoch wird hier meist eine „mutmaßliche Einwilligung“ leichter angenommen. Dennoch schafft dieses Urteil auch hier mehr Sicherheit bei der Interpretation von „Kundenbeziehungen“.
Die beworbenen Produkte müssen dem typischen Verwendungszweck des ursprünglichen Produkts entsprechen. Wer sich für einen Newsletter über „Finanzen“ anmeldet, darf Informationen zu „Anlageprodukten“ erhalten, aber eher nicht zu „Gartenmöbeln“.
Ja, Transparenz ist oberstes Gebot. Sie sollten in Ihrer Datenschutzerklärung explizit auf die Nutzung der Daten im Rahmen des Bestandskunden-Privilegs (§ 7 Abs. 3 UWG) hinweisen, auch wenn keine separate Einwilligung eingeholt wird.